«Kurzer Triumph der Vernunft»: So kommentieren die Medien das Ja zum Covid-Gesetz

Für die «NZZ» müssen die Massnahmen-Skeptiker nun zeigen, «dass sie wirklich keine Spaltung wollen». Damit spricht sie auch die SVP an, die parteipolitische Überlegungen bisher oft über alles gestellt habe und «mit voller Kraft polarisiert, um Querdenker am rechten Rand nicht zu vergraulen». Auch sei die Tonalität im Abstimmungskampf «mancherorts weit» über das zulässige Mass hinaus gegangen. Die Zertifikatsbefürworter wiederum stünden nun in der Pflicht, «ihr Sensorium für die einschneidenden Folgen von Vorschriften und Verboten» nicht zu verlieren.

«Genug herumgeeiert!», schreibt der «Blick». Der Bundesrat habe aus Angst vor einem Nein klare Ansagen vermieden, weil er niemanden verärgern wollte. Allerdings habe das Volk die Corona-Strategie der Schweiz mit einem deutlichen Ja belohnt. Nun solle der Bundesrat diese Mehrheit bei künftigen Entscheiden stärker im Auge haben – «und entschlossener Handeln».

Der «Tages-Anzeiger»spricht in seinem Kommentar von einem «kurzen Triumph der Vernunft». Denn das Stimmvolk wolle zwar die Pandemie wissenschaftlich bekämpfen, die jetzigen Lösungen seien aber schon wieder veraltet. Der Urnengang sei als «Überdruckventil» unersetzlich gewesen – «für die schrille Minderheit, aber auch für die Mehrheit, die eben nicht jede Woche auf die Strasse ging.» Das Ja sei ein Auftrag an Bundesrat und Parlament, «eine wissenschaftlich fundierte Pandemieabwehr voranzutreiben».

Ende der Medienkonferenz

Mit diesen Ausführungen von Gesundheitsminister Alain Berset und Justizministerin Karin Keller-Sutter erklärt Bundesratssprecher André Simonazzi die Medienkonferenz für beendet. 

"Es gehört zu unserem Land, auch einmal zu verlieren"

Auch Karin Keller-Sutter möchte nicht von einer Spaltung der Gesellschaft wegen der heutigen Abstimmung sprechen. Das würde bedeuten, dass die Bevölkerung in zwei Hälften geteilt wäre. Das sei nicht der Fall, wie das Abstimmungsergebnis zeige. Es gebe aber Risse. Sie erklärt: «Es gehört zu unserem Land, auch einmal eine Abstimmung zu verlieren, den Volkswillen zu akzeptieren und den Zusammenhalt zu gewährleisten.»

"Es ist sehr unschön"

Berset kommentiert die teilweisen wüsten Szenen auf dem Bundesplatz nach Annahme des Covid-Gesetz. «Es ist sehr unschön und passt nicht zur Schweiz.» Demonstrationen würden zur Schweiz gehören, aber es gäbe eine Art und Weise, wie man dies respektvoll tun könne. Am Ende einer Abstimmung gelte es auch, ein Ergebnis zu akzeptieren. 

«Wut, Hass und Drohungen gehören nicht zur Schweiz»

Berset hält fest: 

«Die Schweiz hat eine ausgeprägte Streitkultur, und das ist gut so.» 

Weiter appelliert Berset an die Werte der Schweiz: 

«Wir können und müssen über alles streiten. Aber nicht endlos. Wut und Hass gehören nicht zu den Werten der Schweiz. Wir haben einen gemeinsamen Gegner: das Virus. Und dem Virus sind unsere Debatten egal.»

Covid-Gesetz: Instrumente gegen Omikron

Mit der Annahme des Covid-Gesetz verfüge der Bundesrat weiterhin über die Instrumente, um gegen die immer noch andauernde Pandemie anzukämpfen. Diese bliebe unberechenbar, so Berset, und meint damit erneut die neu entdeckte Virusvariante Omikron. 

«Omikron ist eine sehr schlechte Nachricht»

Nun kommt Bundesrat Berset auf das deutlich angenommene Covid-Gesetz zu sprechen. Insbesonders spricht er über die neue Omikron-Virusvariante. Man wisse noch wenig darüber, aber die jetzigen Signale seien eine schlechte Nachricht. Der Bund habe auf die Nachrichten sofort reagiert, etwa mit Flugverboten von Direktflügen aus der Region Südafrika. 

Verfahren nicht perfekt

Karin Keller-Sutter räumt ein, dass das aktuelle Verfahren zur Ernennung von Bundesrichtern nicht perfekt sei. Sie versichert den Bürgerinnen und Bürgern aber, dass die Unabhängigkeit der Bundesrichter weiterhin gewährleistet bliebe.

Kein Experiment mit Losentscheiden

Nun spricht Justizministerin Karin Keller-Sutter über die abgelehnte Justiz-Initiative. Das Abstimmungsresultat bestätige, dass das Vertrauen des Volks in unser Bundesgericht vorhanden sei. Das Volk wolle sich nicht auf das Experiment eines Losverfahrens zur Ermächtigung der Bundesrichter einlassen. Mit dem Volksentscheid von heute Sonntag werden die obersten Richter auch künftig vom Parlament gewählt. 

Umsetzung der Initiative folgt

Der Bundesrat wisse seit längerem, dass mehr ausgebildetes Pflegepersonals von Nöten sei. Der Bundesrat werde bald darüber entscheiden, wie die Initiative konkret umgesetzt werden könne, erklärt Berset.